Digitaler ZwillingVC Map
Digitale Zukunft im Landkreis Hof: Wie hoferLand.digital eine neue Systemlandschaft schafft
Mit hoferLand.digital zeigt der Landkreis Hof eindrucksvoll, wie datenbasierte Steuerung, Visualisierung und Teilhabe im ländlichen Raum funktionieren können. Das Projekt schafft neben der technischen Innovation vor allem auch einen strukturellen Wandel im kommunalen Handeln – ein Modell, das Schule machen kann, wenn Motivation, Mittel, politischer Wille und technische Offenheit gegeben sind.
Auftakt in eine neue digitale Ära
Am 27. Oktober 2025 fiel im Landkreis Hof der Startschuss für eine der ambitioniertesten Smart-City-Initiativen im ländlichen Raum Deutschlands: Mit der Eröffnung des „InnovationsRAUM Hofer Land“ und der Freischaltung der Plattform hoferland-digital.de wurde ein vernetztes, skalierbares System vorgestellt, das Digitalisierung in all ihren Facetten für Bürger:innen, Verwaltung und Politik zugänglich macht. Der symbolische Start erfolgte im Beisein von Bundesministerin Verena Hubertz.
Abb. 1 & 2: Verena Hubertz, Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, bei der feierlichen Eröffnung des „InnovationsRAUM Hofer Land“. Einblicke zur Veranstaltung liefert ab Minute 3:41 die Frankenschau aktuell vom 27.10.2025.
Technische Basis: Eine Systemlandschaft aus drei starken Partnern
Die technische Grundlage der Plattform hoferLand.digital bilden drei eng verzahnte Komponenten:
RIWA übernahm als Generalunternehmen die technische Gesamtverantwortung. Das Unternehmen entwickelte die Webkartenplattform, band kommunale Fach- und Katasterdaten ein und realisierte intuitive Nutzerschnittstellen. Durch eine umfassende Befliegung und Befahrung des Landkreises wurden hochauflösende Daten erhoben, die als präzise Grundlage für die Erstellung des Digitalen Zwillings und die spätere Visualisierung dienen. Mehr zur RIWA lesen Sie im Flipbook.
DKSR (Daten-Kompetenzzentrum Städte und Regionen) stellte mit CIVORA die modulare Smart-City-Datenplattform bereit. CIVORA fungiert als digitaler Hub für Daten, Karten und Anwendungen und integriert Verwaltungs-, Sensor- und offene Daten in einer gemeinsamen Infrastruktur.
Virtual City Systems (VCS) verantwortete die Geokomponente: Der Digitale Zwilling des Landkreises basiert auf der VC Map, die Sensordaten, 3D-Modelle und GIS-Daten in Echtzeit visualisiert.
Das Zusammenspiel dieser Partner führt zu einem System, das interoperabel, offen und skalierbar ist – und damit eine Blaupause für andere Kommunen darstellt. Mehr dazu lesen Sie in unserem Artikel in der Business Geomatics 2/25.
Offene und lokale Daten als gemeinsame Basis
Ein zentraler Baustein von hoferLand.digital ist die intelligente Verbindung aus offenen Datenquellen und lokal erhobenen Geodaten. Während eigens durch Befliegung und Befahrung ermittelte Informationen eine präzise Datengrundlage für den Digitalen Zwilling schaffen, ergänzen frei verfügbare Open-Data-Angebote – etwa aus open.bydata.de oder der BayernCloud Tourismus – das System um weitere Fach- und Umweltdaten.
Durch diese Kombination entsteht ein einheitlicher, transparenter Datenraum, der redundante Strukturen vermeidet, Nachnutzungen ermöglicht und so Verwaltung, Forschung und Bürger:innen gleichermaßen zugutekommt. Über CIVORA und die VC Map werden beide Datenwelten nahtlos zusammengeführt und in Dashboards, Karten und Anwendungen visualisiert.
VC Map: Geoplattform als integrativer Baustein
Mit der VC Map stellen wir das zentrale Geo-Modul der gesamten Systemlandschaft bereit. Die Anwendung ist vollständig in CIVORA eingebettet und ermöglicht eine interaktive Darstellung aller raumbezogenen Informationen – von Bebauungsplänen über Sensordaten bis zu Echtzeitdiensten.
Funktionen wie die Themenkartenauswahl, das DynamicLayer-Plugin zur Anbindung externer Kataloge oder die Integration von Sensordaten über LoRaWAN – ein energieeffizientes Funknetz, das Daten über große Distanzen drahtlos überträgt – zeigen, wie flexibel und offen die VC Map strukturiert ist.
Durch die Unterstützung offener Standards (CityGML, WMS/WMTS, GeoJSON, SensorThings API) lässt sich die Anwendung nahtlos in bestehende kommunale IT-Infrastrukturen integrieren. Damit wird die VC Map zur räumlichen Entscheidungsgrundlage – sowohl für operative Anwendungen wie Solarpotenzialanalyse oder Hochwasserbewertung als auch für strategische Planungsprozesse.
InnovationsRAUM Hofer Land: Digitalisierung wird sichtbar
Im InnovationsRAUM können Besucher:innen an vier interaktiven Stationen erleben, wie Digitalisierung bereits heute funktioniert:
- Virtuelle Realität (VR): Digitale Energieplanung oder Zeitreisen nach Mödlareuth.
- Dashboards & Datenvisualisierungen: Bevölkerung, Energie, Mobilität – datenbasiert zugänglich.
- Sensorik & LoRaWAN: Glättefrüherkennung, Pegelüberwachung, digitale Infrastruktur.
- Digitaler Zwilling: Stadtplanung, Hochwassergefahren, Solarpotenzial.
Abb. 5 & 6: Bundesministerin Verena Hubertz taucht ein in VR – so wird Digitalisierung direkt sichtbar und erlebbar.
Mödlareuth – „Klein-Berlin“ im Hofer Land
Mödlareuth war jahrzehntelang durch eine Mauer geteilt: Eine Hälfte des Dorfs lag in Bayern (BRD), die andere in Thüringen (DDR). Der Ort gilt als einzigartiges Symbol der deutschen Teilungsgeschichte.
Im Digitalprojekt wird diese Vergangenheit mithilfe von 3D-Modellen und VR-Technologie virtuell begehbar – ein eindrucksvolles Beispiel digitaler Geschichtsvermittlung.
Abb. 7: Mödlareuth als VR Erlebnis. So kann Geschichte lebendig bleiben.
Zentrale Plattform für Datenzugang und Zusammenarbeit
Die Plattform hoferland-digital.de fungiert als übergreifendes Portal, das alle Anwendungen und Datenräume bündelt. Sie richtet sich an:
- Bürger:innen: z. B. mit dem Solarkataster oder VR-Anwendungen.
- Verwaltung: Visualisierungen, Analysen, Simulationen.
- Politik & Gremien: datenbasierte Entscheidungsgrundlagen.
- Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (wie BOS – Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienste): Zugriff auf sicherheitsrelevante Geodaten.
Alle 27 Kommunen des Landkreises greifen auf dieselbe Datenbasis zu – das stärkt die digitale Teilhabe und die interkommunale Zusammenarbeit.
Anwendungsfälle mit Mehrwert
Folgende zentrale Use Cases sind bereits in Betrieb, weitere werden folgen:
- Überwachung von Löschwasserbecken
- Flexible Rufbussysteme
- Barrierefreie Wegeplanung
- Solarpotenzialanalyse
- Hochwassergefahrenkarten
Ein Praxisbeispiel, das sich als überraschend interessant erwiesen hat: Jagdreviergrenzen sind im System hinterlegt. Im Falle eines Wildunfalls kann die Polizei so schnell erkennen, welches Revier betroffen ist und wer zuständig ist – eine Funktion, die sich in der Einsatzpraxis bereits bewährt hat.
Wie es weitergeht: Nächste Schritte bis 2027
Die Umsetzungsphase läuft bis 2027. Geplant sind:
- Ausbau der VR- und AR-Anwendungen (z. B. Unreal Engine, mobile AR-Apps)
- Erweiterung der Sensorik (LoRaWAN, Verkehrsfluss, Umweltmonitoring)
- Integration weiterer Fachdaten (Bauleitplanung, Umweltkarten)
Das Projekt orientiert sich an der DIN SPEC 91607 für Digitale Zwillinge in Kommunen – und nimmt damit eine bundesweite Vorreiterrolle ein.
„Das Projekt Hofer Land zeichnet aus, dass das Smart City Team losgelöst von Verwaltungsroutinen neue Technologien entwickelt und vorhandene Fachdaten und -systeme integriert, um neue Lösungsansätze in der Verwaltung zu etablieren.“
Impulse für andere Kommunen: Was lässt sich übertragen?
Das Modell hoferLand.digital ist skalierbar und übertragbar. Erfolgsfaktoren:
- Offene Standards (Open Source, offene APIs)
- Modularer Aufbau (System-of-Systems-Architektur)
- Praxisnahe Anwendungen mit erkennbarem Mehrwert
- Interkommunale Zusammenarbeit
Die Plattformstruktur erlaubt es, einzelne Module – zum Beispiel den Digitalen Zwilling oder Dashboards – auch separat zu nutzen oder in bestehende Infrastrukturen zu integrieren.
So gelingt der Einstieg: Empfehlungen für Kommunen
Kommunen, die einen ähnlichen Weg gehen wollen, empfehlen wir:
- eine strategische Zieldefinition zu formulieren
- interkommunale Synergien zu prüfen
- offene Standards von Beginn an einzufordern
- geeignete Partner mit kommunaler Erfahrung zu wählen
- Förderprogramme (wie MPSC) zu nutzen